RADIOKOLLEG, ORF, Ö1
6.-9.4.2020
Gestaltung: Johannes Gelich
In Zeiten von Populismus, Klimakrise, Geschlechter- und Generationenkampf geistert ein Begriff durch die einschlägigen gesellschaftspolitischen Debatten: das Opfer. In den letzten Jahren ist, so scheint es, ein regelrechter Opfermarkt entstanden: das Volk ist Opfer einer von außen gesteuerten Migrationspolitik, sagen rechte Populisten. Der Arbeitnehmer von heute ist Opfer der Profit-Interessen von Kapital, Konzernen und politischen Eliten auf dem Schlachtfeld des Neoliberalismus, sagen linke Populisten.
Frauen sind Opfer von sexistischen Übergriffen in Beruf und Medien, sagen Frauenrechtlerinnen. Männer sind Opfer von blindwütigen Feministinnen, sagen Männerverbände. Dritte-Welt-Länder sind Opfer neokolonialistischer Politik des reichen Westens, sagen Globalisierungskritiker. Wachstumsideologie, Umweltzerstörung und die Ausbeutung von Ressourcen geschehen auf dem Rücken der Kinder, sagen Ökologen. Eltern werden von ihren Kindern in Altersheime abgeschoben und vernachlässigt, sagen Pensionisten-Verbände.